Die Bagatellisierung von emotionalem Missbrauch


Sexueller oder körperlicher Missbrauch macht viele Menschen betroffen, aber bei emotionalem Missbrauch zucken sie mit den Schultern. Das sei ja „nicht so schlimm“.
Ich kenne manch einen Menschen, dessen Kindheit und Jugend durch emotionalen Missbrauch vergiftet wurde, der sich aber nicht traut, seine Verletzungen wahrzunehmen. Immerhin sei ja weiter nichts passiert. Das sei doch harmlos, und man sollte sich nicht so anstellen......
Das ist meiner Meinung nach eine grobe Fehleinschätzung!
Ich finde, bei allem Missbrauchsformen ist die emotionale Komponente die wichtigste. Es geht nicht um die verlorene Jungfräulichkeit, es geht um das verlorene Vertrauen. Es geht nicht um das blaue Auge, es geht um die Angst und den Schmerz.
.... es geht darum, was sich emotional, seelisch abspielt in dem Kind.
Und: Man kann Menschen allein durch Worte, Gesten, fehlende Taten stark schädigen, ohne ihn auch nur ein mal "falsch" zu berühren.
Ich empfinde den emotionalen Missbrauch als unfassbar zerstörerisch.
Übrigens sei hier angemerkt, dass emotionaler Missbrauch oft den sexuellen Missbrauch erst möglich macht.
Bei mir scheint der sexuelle Missbrauch an sich vergleichsweise "harmlos" gewesen zu sein (sehr böses Wort, ich weiss).
Was dazu geführt hat, dass ich mich als Kind erniedrigt habe, dass ich emotional und irgendwann sogar kognitiv verwirrt war, solche Bindungstörungen hatte etc - und auch dass ich mich dem sexuellen Missbrauch hingab, für ein bisschen Zuneigung - das war das emotionale Chaos, dem ich von Anfang an ausgesetzt war.

Wenn ich von meiner Geschichte erzähle, hängen sich alle an den paar Schlägen auf, die ich bekam, und dem sexuellen Missbrauch. Meiner Meinung nach war das bei mir aber nur das Tüpfelchen auf dem i. Das Grundproblem ist nicht körperliche Gewalt oder sexuelle Nötigung sondern einfach eine dicke Bindungsstörung, das total giftige Verhältnis zu den Eltern bzw. in meinem Fall vor allem zu der Mutter. Aber das glaubt mir irgendwie fast keiner, dass das für mich so viel schlimmer sein soll als das andere.

Emotionale Gewalt - ein stiefmütterlich behandeltes Thema

Ich habe mal über Google nach einem Forum - oder sogar nur einer Infoseite über emotionalem Missbrauch gesucht. Nichts. Es gibt 100 Seiten über sexuellen Missbrauch.
100e private Seiten von Leuten, die ihre Geschichte erzählen. Unzähliche kleine private Foren über das Thema.
Aber emotionaler Missbrauch? Nichts.
Wenn dann nur als "Unterpunkt" auf Seiten über sexuellen Missbrauch.
"Das hier ist ein Forum für Opfer von sexuellen Missbrauch" - und das ist ein Unterforum für emotionaler Missbrauch - das ist das höchste der Gefühle.
Aber "Das hier ist ein Forum für Opfer von emotionalem Missbrauch" (mit Unterforen für Leute, die auch sexuelle Missbrauchtwurden) - das findet sich nirgens.

Ich sehe da mehrere Probleme
-Leute, die wegen schlechten Kindheitserfahrungen und Problene heute sich im Internet informieren, werden NUR auf den sexuellen Missbrauch gestoßen - das führt dazu, dass mehr Leute in ihrem Leben nach sexuellem Missbrauch "suchen" (und womöglich falsche Erinnerungen entwickeln an der Stelle) - anstatt sich mit ihrem emotionalen Missbrauch zu beschäftigen
- Leute, die emotional missbraucht wurden, denken, das sei ja "nicht so wichtig"
- Andere Menschen denken auch "das sei nicht so schlimm" - beides mal, weil darüber gar nicht aufgeklärt wird.

Anmerkung von Sihaya:
Diesen Text schrieb ich vor einiger Zeit. Inzwischen habe ich, nach langer Suche, doch ein paar Seiten zum Thema EMB im Internet ausgegraben. Die habe ich für euch verlinkt. Und inzwischen gibt es in der Tat mindestens ein Forum über emotionale Gewalt
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